Kommt man aus dem Hauptausgang des Bahnhofes kann man sich schon nach einigen Schritten in eine der Sträßchen zu seiner Rechten ganz einfach im Schnick-Schnack-Himmel verlieren. Es reiht sich ein Lädchen hinter das nächste, jedes Einzelne mit vielen wunderschönen Dingen, die man nicht braucht aber trotzdem haben muss und einer Inneneinrichtung, die man auch ziemlich gut auf Instagram teilen könnte. Unter den schönen Lädchen waren drei ganz besonders schöne dabei - der Erste an dem man vorbei kommt ist "Popeye Camera", der Traum eines jeden Vintage Kamera-Sammlers und Briefpapier-Aufkleber-Tape-Verehrers. Dann gab es da noch "Marché de Bleuet plus" (ja, Japaner lieben obskure ausländische Namen), eine wilde Ansammlung an bunten Mäppchen, Otter-Handschuhen und organischen Chipstüten. Hochwertige internationale & japanische Küchengeräte, Deko und Co. findet man bei "Today's Special" in wunderschön-cooler lagerhallenathmosphäre.

Nach diesem Abstecher in meinen Lieblings Schnick-Schnack-Himmel fing der Bauch des Lieblingsjapaners langsam an zu knurren. Glücklicherweise teilen wir unsere Leidenschaft für Kochen, Essen gehen und Co., nur leider gestaltet sich die Restaurantsuche dank nicht kompatibler vegetarisch vs. typisch-japanischer Essgewohnheiten meist etwas schwierig. Meine erster Favorit wäre die Hauptfiliale meiner allerliebsten veganen Ramen gewesen, "T's Restaurant", doch der Lieblingsjapaner hatte einen unstillbaren Hunger auf Junkfood und Fleissssch. So kamen wir stattdessen (glücklicherweise!) zu "Bareburger", einem amerikanisch angehauchten Burger/Junkfood-Restaurant mit vegan/vegetarischen Alternativen, organisch-produzierten Zutaten und den besten Zwiebelringen, die ich seit langem gegessen habe. Ich wünschte, es gäbe in Japan häufiger Restaurants, in denen wir beide essen können, ohne Kompromisse einzugehen....

Kugelrund gegessen machten wir uns auf, um ein bisschen Kultur mitzunehmen. Zuerst machten wir einen Abstecher zu "La Vita", einem kleinen Platz, der im venezianischen Stil nachgebaut ist. Das Ganze ist so kitschig-surreal und die Selfie-posierenden-Pärchen so amüsant, dass sich der Besuch auf jeden Fall lohnt ;) Um den Culture-Clash perfekt zu machen, findet man in unmittelbarer Nachbarschaft den 800 Jahre alten Kumano-Schrein, in dem man sich ein bisschen von der Venedig-Tagesdosis erholen kann. Den Burger so einigermaßen verdaut, zeigte ich dem Lieblingsjapaner dann noch meinen absoluten Lieblingsort in Jiyugaoka: Das traditionelle Teehaus "Kosoan". Versteckt in einem japanischen Garten, auf Tatamimatten sitzend, Matchtee-schlürfend fühlten wir uns ein bisschen als wären wir zurück in Kyotos Vergangenheit gebeamt worden. Schade, dass mein Kimono zuhause in Deutschland bleiben musste....

Zurück am Bahnhof findet man in Jiyugaoka nicht den typisch gruselig-fertigen Bahnhofsflair sondern weitere gemütliche Geschäfte und Cafés. Meiner Liebe zu Gebrauchtbuchhandlungen konnte ich stundenlang in "Nishimura Bunseido" nachkommen, einem kleinen Laden vollgestopft mit verrückten Bücherzusammenstellungen, von niederländischen Kinderbüchern über spanische Kunstbände bis hin zu japanischen Kochmagazinen. Als wir danach bei "Bake Cheese Tarte" vorbei kamen, konnten wir trotz noch immer vollen Mägen nicht widerstehen und kauften uns eine Schachtel mit warm-weichen Käsekuchen für zuhause. Bin ich froh, dass der Lieblingsjapaner Essen genauso gerne mag wie ich ;)

Einmal unter den Bahnschienen hindurch kommt man auf den "Kuhonbutsu River Green Way", der irgendwann in die "Marie Claire Promenade" mündet. Wenn man hier so unter den Bäumen an den Menschen auf Parkbänken entlangflaniert kann man sich wirklich zeitweise ein wenig nach Paris oder Amsterdam träumen. Braucht man davon wieder einen kleinen japanischen Ausgleich, kann man einen Ausflug zu "Katakana" machen, einem kleinen Laden der modernisierte "typisch japanische" Produkte wie Bentoboxen oder Kokeshipuppen verkauft. Ausgefallene Souvenirs findet man hier zu genüge.

Völlig satt und glücklich kamen wir dann noch an zwei unwiderstehlichen Läden vorbei. Dem Straßenstand von "Flippers" und dem Straßenverkauf von "Hara Donuts". Flippers ist eine Restaurantkette, die für ihre Fluffig-weichen Pfannkuchen berühmt ist und vor dem sich oft lange Schlangen bilden. Am Bahnhof in Jiyugaoka gibt es den dazugehörigen Straßenverkauf von Pfannkuchen auf einem Bett aus Pudding. Sehen sie nicht wunderschön aus? Bei Hara Donuts geht es ein bisschen gesünder zu, es gibt organische Donuts ohne süßen Glitzer und Zuckerguss, dafür aber nicht weniger verlockend. Bei beiden Läden mussten wir uns wohl oder übel unsere Magenkapazitäten eingestehen und weitergehen. Für meinen nächsten Besuch stehen sie jedoch schon ganz oben auf der Liste!