Samuuui!

30.01.2019

Vor kurzem bin ich im Internet über ein Bild gestolpert, dass meinen morgendlichen Leidensweg endlich glasklar darstellt. Jaa, Japan ist wunderschön, die Menschen sind nett, das Essen ist lecker und mein Praktikum macht mir Spaß, lalalala. Aber es gibt eine Sache die mich extrem aufregt. Japan ist soo verdammt kalt – Samui ist eines der ersten Wörter, das ich in Japan gelernt habe. Und dabei ist Tokyo eigentlich gar nicht mal so richtig kalt. Im Schnitt ist es sogar um einiges wärmer als in der Heimat… draußen zumindest. Das Problem ist die Innentemperatur. Das Bild zeigt die durchschnittliche Zimmertemperatur am Morgen, aufgeteilt in die einzelnen japanischen Präfekturen. Verrückterweise ist es in Hokkaido, sozusagen Japans „Skandinavien“, kuschelig warm, während der Rest des Landes Eisblumen von der Innenseite des Fensters kratzen kann. Irgendwie scheint die Bau- und Heizweise Hokkaidos noch nicht bis in den Rest des Landes vorgedrungen zu sein. Der große blaue Fleck kurz über dem Gefriepunkt auf Japans größter Insel „Honshu“ ist übrigens die Region, in der die Lieblingsjapanerfamilie lebt. Ihr könnt euch vorstellen wie viel Spaß es macht, dort morgens aus dem Bett zu klettern.

 

Der Lieblingsjapaner antwortet auf meine zitternd vorgebrachten Flüche über kalte japanische Wohnungen häufig stolz mit „Dafür haben wir in Japan ja Kotatsu“. (Ein Kotatsu ist ein niedriger Tisch mit elektrischem Heizofen unter der Tischplatte und überlanger gepolsterter „Tischdecke“, die verhindert, dass die Wärme unter dem Tisch hervorkommt.) Was mein Lieber dabei allerdings vergisst ist, dass ich gar keinen Tisch bräuchte der mir meine Beine warmpustet, wenn es einfach in der gesamten Wohnung warm wäre… Japaner sind wahrlich Meister darin, ihre Wohnungen partiell aufzuwärmen – warmer Tisch, warme Matratzenauflage, warmer Teppich, warme Klobrille [Mehr dazu hier]. Und so angenehm das alles sein mag, so schaffen diese Dinge es doch nicht über einen Fakt hinweg zu täuschen: Dass japanische Wohnungen und Häuser zum größten Teil einfach wahnsinnig schlecht isoliert sind. Gepaart mit einem Mangel an Zentralheizungen ist das vor allem im Winter eine ganz und gar unangenehme Angelegenheit. (Von den dahingegen überheizten Wohnungen im Sommer fange ich jetzt gar nicht erst an).

 

Dass ich bis jetzt noch nicht erfroren bin, habe ich unserer auf Hochtouren laufenden Klimaanlage zu verdanken. Mal abgesehen von unserer Stromrechnung ist diese Lösung aber leider auch in anderen Bereichen nicht ganz ideal. Die liebe „eakon“, wie die Klimaanlage in Japan genannt wird, tut wirklich ihr Allerbestes um uns mit wohlig-warm-trockener Klimaanlagenluft zu versorgen. Sie kommt aber trotz Zirkulationsfunktion nicht dagegen an, dass sich die Luft ganz natürlicherweise an unserer Zimmerdecke sammelt und so ein Boden-Decken-Temperaturgefälle von gefühlten 20 Grad entsteht – dass wir mit diesen Bedingungen noch keinen ausgewachsenen Tornado erzeugt haben, ist eigentlich ein Wunder. Aber selbst für dieses Problem gibt es eine Lösung: Kalte Hände lassen sich ganz einfach durch eine aufrechte Haltung mit den Armen ausgestreckt über dem Kopf beheben. Wer auch in tiefer liegenden Körperregionen friert, kann sich hingegen mit der Variante „Wedeln mit großem, flachen Objekt“ behelfen. Man nehme die nächstliegende Zeitschrift und schaufele damit warme Luft in Richtung Boden. Das erhöht nicht nur die Lufttemperatur am Boden um gefühlte 0.215 Grad sondern regt noch dazu die Blutzirkulation im ganzen Körper an – praktisch, oder?

 

Und wenn das alles nichts hilft, dann verkrieche ich mich einfach in einem unglaublich kuscheligen und noch viel unglaublich schickeren Trainingsanzug des Lieblingsjapaners unter meinen 10 Bettdecken. Welch bessere Ausrede gibt es dafür einfach den ganzen Tag (natürlich am Wochenende…) in meinem Bettchen zu verbringen? Gute Nacht! :)

Zum Abschied noch meinen liebsten japanischen Pinguin, den ich so gut verstehen kann....

Außerdem: Zwei interessante Kommentare zum Thema zum Weiterlesen: "Japan, kein Wintermärchen" und "Ein echter Tokioter friert doch nicht"


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